Un­künd­bar­keit

Was genau ver­steht man unter „Un­künd­bar­keit“?

Im Aus­nah­me­fall kann das Ar­beits­ver­hältnis wegen Un­künd­bar­keit nicht or­dent­lich ge­kün­digt werden, so­dass die Mög­lich­keit der or­dent­li­chen Kün­di­gung durch ein­sei­tige Er­klä­rung des Ar­beit­ge­bers zu­gunsten des Ar­beit­neh­mers ein­ge­schränkt wird. Diese Ar­beits­ver­hält­nisse können dann nur im Rahmen einer au­ßer­or­dent­li­chen Kün­di­gung nach § 626 Abs. 1 BGB ge­kün­digt werden. Grund­sätz­lich be­trifft diesen Kün­di­gungs­schutz nur den Ar­beit­nehmer. Eine Aus­nahme be­steht bei Teil­zeit­be­schäf­ti­gungen im Sinne des § 15 Abs. 3 TzBfG, die auch den Ar­beit­geber vor einer or­dent­liche Kün­di­gung durch den Ar­beit­nehmer schützen soll.

Die Un­künd­bar­keit er­gibt sich häufig aus dem an­zu­wen­denden Ta­rif­ver­trag oder ge­son­dert aus be­stimmten Ge­setz. Eher selten sind da­gegen ein­zel­ver­trag­liche Re­ge­lungen der Un­künd­bar­keit im Ar­beits­ver­trag.

Die Mög­lich­keit der au­ßer­or­dent­li­chen Kün­di­gung lässt sich al­ler­dings durch Re­ge­lung der Un­künd­bar­keit nicht aus­schließen. Bei einer au­ßer­or­dent­li­chen Kün­di­gung muss die Fort­set­zung des Ar­beits­ver­hält­nisses für den Ar­beit­geber un­zu­mutbar sein, wes­halb ein wich­tiger Grund für die au­ßer­or­dent­liche Kün­di­gung nach § 626 BGB vor­liegen muss. Liegen die Vor­aus­set­zungen nach § 626 BGB vor, be­steht immer die Mög­lich­keit eine au­ßer­or­dent­liche Kün­di­gung aus­zu­spre­chen. Der Aus­schluss der au­ßer­or­dent­li­chen Kün­di­gung ist dem­nach un­wirksam und recht­lich ohne Folgen. Die Au­ßer­or­dent­liche Kün­di­gung ist aber nicht mit der frist­losen Kün­di­gung zu ver­wech­seln. Unter Um­ständen muss die au­ßer­or­dent­liche Kün­di­gung aber mit einer so­zialen Aus­lauf­frist ver­sehen werden.

Wel­cher Un­ter­schied be­steht zum ge­ne­rellen oder be­son­deren Kün­di­gungs­schutz?

Im Ge­gen­satz zum ge­ne­rellen Kün­di­gungs­schutz be­steht somit nicht nur die Mög­lich­keit der Über­prü­fung der so­zialen Recht­fer­ti­gung der Kün­di­gung, son­dern die or­dent­liche Kün­di­gung wird von vorn­herein recht­lich aus­ge­schlossen.

Da­gegen be­steht der ge­setz­liche Son­der­kün­di­gungs­schutz nur bei be­stimmten Ar­beit­neh­mern wie bei­spiels­weise Schwan­geren, Schwer­be­hin­derten oder Be­triebs­rats­mit­glie­dern. Auch dieser Kün­di­gungs­schutz be­schränkt nur die Mög­lich­keit der or­dent­li­chen Kün­di­gung für den Ar­beit­geber und schließt eine or­dent­liche Kün­di­gung nicht pau­schal von vorn­herein aus.

Wie weit geht der Schutz der Un­künd­bar­keit?

Die Un­künd­bar­keit schützt nicht vor der au­ßer­or­dent­li­chen Kün­di­gung nach § 626 BGB. Eine Kün­di­gung aus be­triebs­be­dingtem Grund kann somit im Wege der au­ßer­or­dent­li­chen Kün­di­gung gem. § 626 BGB wirksam sein. Um den Ar­beit­nehmer dann nicht schlechter dar­stellen zu lassen als bei frist­ge­mäßer or­dent­li­cher Kün­di­gung, die wegen der Un­künd­bar­keit un­wirksam wäre, muss der Ar­beit­geber eine Frist im Sinne der re­gu­lären Kün­di­gungs­frist be­achten.

Bei krank­heits­be­dingten Gründen kann der Ar­beit­geber da­gegen fak­tisch keine au­ßer­or­dent­liche Kün­di­gung aus­spre­chen. Nur aus­nahms­weise kann der Ar­beit­geber einem un­künd­baren Ar­beit­nehmer krank­heits­be­dingt kün­digen, wenn aus­drück­lich aus­ge­schlossen werden kann, dass der Ar­beit­nehmer wieder zu seinem Ar­beits­platz zu­rück­kehren wird.

Welche Be­son­der­heiten sind hin­sicht­lich der So­zi­al­aus­wahl zu be­achten?

Un­künd­bar­keits­re­geln mit dem Ar­beit­nehmer dürfen vom Ar­beit­geber nicht be­schlossen werden, um ab­sicht­lich das Prinzip der So­zi­al­aus­wahl im Sinne des § 1 Abs. 3 KSchG zu um­gehen. Nach diesem Prinzip muss der Ar­beit­geber bei be­triebs­be­dingter Kün­di­gung zu­erst den Ar­beit­neh­mern kün­digen, die noch nicht lange im Be­trieb be­schäf­tigt sind und da­neben auch keine Un­ter­halts­ver­pflich­tungen haben. Grund­sätz­lich geht dabei al­ler­dings die Un­künd­bar­keit der So­zi­al­aus­wahl vor, aber nur so­lange wie der Rechts­miss­brauch aus­ge­schlossen werden kann.

In wel­chen Fällen sieht das Ge­setz bei­spiel­haft die Un­künd­bar­keit bzw. be­son­dere Vor­aus­set­zungen der or­dent­li­chen Kün­di­gung vor?

Für be­son­dere Be­rufs­gruppen sieht das Ge­setz be­son­dere Vor­aus­set­zungen der or­dent­li­chen Kün­di­gung vor. Bei­spiels­weise dürfen Aus­zu­bil­dende nach Ab­lauf der ver­ein­barten Pro­be­zeit nur au­ßer­or­dent­lich nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG ohne Be­ach­tung einer Kün­di­gungs­frist und bei Vor­liegen eines be­son­deren Grundes ge­kün­digt werden. Auch dürfen grund­sätz­lich be­fris­tete Ar­beits­ver­träge nicht or­dent­lich ge­kün­digt werden.

Be­triebs­rats­mit­glieder können nur or­dent­lich ge­kün­digt werden, wenn sich der be­son­dere Grund aus der Still­le­gung des ge­samten Be­triebes oder einer Ab­tei­lung er­gibt. Al­ler­dings muss zuvor nach § 103 Be­trVG die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats er­teilt worden sein. Den­selben Schutz wie Be­triebs­rats­mit­glieder ge­nießen Gleich­stel­lungs­be­auf­tragte nach § 18 Abs. 5 Satz 2 BGleiG und Mit­glieder der Per­so­nal­ver­tre­tung nach § 47 Abs. 1 BPersVG. Diese er­for­dern an­stelle des Be­triebs­rats die spe­zi­elle Zu­stim­mung des Per­so­nal­rats.

Schwan­gere können nach § 9 Abs. 1 MuSchG ihren ge­son­derten Kün­di­gungs­schutz gel­tend ma­chen. Nur in be­son­deren Fällen wie bei der Be­ge­hung eines groben Pflicht­ver­stoßes oder Be­triebs­schlie­ßung kann hiervon eine Aus­nahme ge­macht werden. Dem Ar­beit­geber muss bei Aus­spruch der Kün­di­gung die Schwan­ger­schaft der Ar­beit­neh­merin be­kannt ge­wesen sein. Der Kün­di­gungs­schutz er­wei­tert sich auch auf Frauen vier Wo­chen nach der Ent­bin­dung.

Da­neben ge­nießen auch El­tern einen Kün­di­gungs­schutz gem. § 18 Abs. 1 BEEG. Diese dürfen bis zum dritten Le­bens­jahr des Kindes El­tern­zeit be­an­tragen. In­ner­halb der be­an­tragten El­tern­zeit darf diesen nur in Aus­nah­me­fällen ge­kün­digt werden und dar­über hinaus muss die Kün­di­gung vorher be­hörd­lich für zu­lässig er­klärt werden.

Ein Son­der­fall ent­steht, wenn ein Be­trieb oder Teil des Be­triebes ver­kauft wird und auf einen neuen In­haber über­geht. Der Er­werber ist ver­pflichtet nach § 613a Abs. 1 BGB alle Ar­beit­nehmer des vor­he­rigen ur­sprüng­li­chen Ar­beit­ge­bers zu über­nehmen. Der neue Ar­beit­geber kann somit den Ar­beit­neh­mern nicht aus Gründen des Be­triebs­über­gangs kün­digen, vgl. § 613a Abs. 4 BGB.

Ist der Ar­beit­nehmer auf­grund von Un­ter­stüt­zungs­hilfe eines pfle­ge­be­dürf­tigen An­ge­hö­rigen gem. § 2 Pfle­geZG bei der Ar­beit ver­hin­dert, be­steht in­ner­halb dieser Zeit be­son­derer Kün­di­gungs­schutz des Ar­beit­neh­mers. Nur in Aus­nah­me­fällen kann die zu­stän­dige Be­hörde nach § 5 Abs. 2 Pfle­geZG eine der­ar­tige Kün­di­gung für zu­lässig er­klären.

Als be­son­dere Per­so­nen­gruppe ge­nießen auch Men­schen mit Schwer­be­hin­de­rung oder die diesen gleich­ge­stellt sind nach § 2 Abs. 3 SGB IX ge­son­derten Kün­di­gungs­schutz, so­weit diese mehr als sechs Mo­nate be­schäf­tigt sind. Der Ar­beit­geber muss für eine wirk­same or­dent­liche oder auch au­ßer­or­dent­liche Kün­di­gung zuvor die Zu­stim­mung des In­te­gra­ti­ons­amts nach § 85 SGB IX ein­holen. Auch die Mit­glieder der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung ge­nießen nach § 93 Abs. 3 SGB IX den­selben Kün­di­gungs­schutz wie Be­triebs­rats­mit­glieder. Auch sie können neben der au­ßer­or­dent­li­chen Kün­di­gung nur bei Still­le­gung des Be­triebes oder einer Ab­tei­lung or­dent­lich ge­kün­digt werden.

Sollte Ihr Ar­beits­ver­hältnis un­kündbar sein, Ihr Ar­beit­geber Ihnen aber ge­kün­digt haben, dann sollten Sie sich drin­gend an einen auf Ar­beits­recht spe­zia­li­sierten Rechts­an­walt wenden.