Sperrzeit bzw. Sperrfrist
Was genau versteht man unter einer Sperrzeit bzw. Sperrfrist?
Hat sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig ohne bestehenden wichtigen Grund verhalten, kann dieser innerhalb der festgesetzten Sperrzeit nach § 159 SGB III kein Arbeitslosengeld I der Bundesagentur für Arbeit verlangen. Der Anspruch ruht während der Länge der Sperrzeit. Daneben wird der Arbeitslosengeldanspruch durch vollständigen Wegfall auch insgesamt gemindert. Hierbei regelt die Durchführungsanweisung (DA) die notwendigen Einzelheiten. Diese stellt dabei nur eine generelle Leitlinie dar, begründet somit keinerlei Pflichten und Rechte für den Arbeitnehmer oder die Arbeitsagentur.
Welche Rechte und Pflichten bestehen während der Sperrzeit für den Arbeitnehmer?
Der Arbeitnehmer hat in der Regel noch einen Monat nach Verhängung der Sperrzeit Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung, § 19 Abs. 2 SGB V. Nach Ablauf des Monats besteht für den Arbeitnehmer bis zur zwölften Woche ein Anspruch auf Arbeitslosenkrankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Während der Sperrzeit besteht dagegen kein Anspruch auf Krankengeld nach § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V. Eine Rentenversicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI ist nicht gegeben.
Wann genau liegt ein versicherungswidriges Verhalten vor?
- 159 Abs. 1 Satz 2 SGB III normiert genau die Fälle, in denen ein versicherungswidriges Verhalten vorliegen kann. Danach liegt versicherungswidriges Verhalten vor, wenn
- die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
- die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
- die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
- die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
- die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
- die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
- die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Grundsätzlich führt nicht jedes Verhalten zu einer Sperrzeit des Arbeitnehmers. Die Sperrzeit entfällt, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für sein versicherungswidriges Verhalten hatte. Nach § 159 Abs. 1 Satz 2 SGB III hat der Arbeitnehmer die für den wichtigen Grund begründenden Tatsachen selbst nachzuweisen, soweit sich diese in seiner eigenen Sphäre befinden.
Ein wichtiger Grund wird auch prinzipiell nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber einen Abfindungsvergleich im Rahmen einer Kündigungsschutzklage vereinbart und somit der Kündigung wegen der Abfindungszahlung zugestimmt hat (BSG, Urteil vom 17.10.2007, B 11a AL 51/06 R). Auch wenn der Arbeitgeber eine objektiv rechtmäßige Kündigung androht, kann der Arbeitnehmer unter gewissen Voraussetzungen einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung abschließen, ohne eine Sperrzeitverhängung befürchten zu müssen (BSG, Urteil vom 17.11.2005, B 11a/11 AL 69/04 R). Im Sonderfall der betriebsbedingten Kündigung muss die Kündigung nicht einmal objektiv rechtmäßig sein, damit ein wichtiger Grund für einen Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung vorliegt und somit die Sperrfrist nicht verhängt werden muss.
Ein Ausnahmefall stellt auch der Wechsel von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu einem befristeten Arbeitsverhältnis dar. Nach Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses tritt keine Sperrzeit des Arbeitnehmers ein, wenn der vorherige Wechsel auf den Wunsch des Arbeitnehmers auf berufliche Verbesserung vorgenommen wurde und somit einen wichtiger Grund für die Arbeitsaufgabe vorliegt (BSG, Urteil vom 12.07.2006- B 11a AL 55/05 R).
Leitende Angestellte im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG sind von den allgemeinen Regeln ausgenommen und können prinzipiell Aufhebungsverträge mit Abfindung schließen, ohne dass eine Sperrzeit verhängt wird, wenn ihnen ansonsten eine fristgerechte Kündigung drohen würde.
Welche Besonderheiten bestehen für die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe?
Die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe kann wegen unterschiedlicher Gründe eintreten. Beispiele hierfür sind die Kündigung durch den Arbeitnehmer, ein Aufhebungsvertrag oder auch die verhaltensbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber.
Die bloße Hinnahme einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung dagegen stellt grundsätzlich keine Beteiligung an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses dar und führt somit zu keiner Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe (Achtung! Anders bei einer verhaltensbedingten Kündigung, die zu einer Sperrzeit führt.). Nimmt der Arbeitnehmer sein Recht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage nicht wahr, wird die Kündigung nach drei Wochen gem. §§ 4, 7 KSchG als wirksam angesehen. Nimmt der Arbeitnehmer allerdings im Gegenzug finanzielle Vergünstigungen vom Arbeitgeber entgegen, stellt dies ein Indiz dafür dar, dass die Beteiligten in Wirklichkeit nur einen Aufhebungsvertrag schließen wollten. Dann wäre im Einzelfall zu prüfen, ob die Entgegennahme von finanziellen Vergünstigungen als Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesehen werden kann und somit eine Sperrzeit des Arbeitnehmers entsteht (BSG, Urteil vom 09.11.1995, 11 Rar 27/95).
Durch einen Abwicklungsvertrag hingegen bestätigt der Arbeitnehmer die Wirksamkeit der zuvor ausgesprochenen Kündigung durch den Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer macht somit von seinem Recht zur Kündigungsschutzklage keinen Gebrauch und erhält im Gegenzug dafür regelmäßig eine Abfindung. Durch den Abschluss eines Abwicklungsvertrages beteiligt sich der Arbeitnehmer aktiv an der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses und ruft somit die Entstehung einer Sperrzeit hervor (BSG, Urteil vom 18.12.2003, B 11 AL 35/03 R).
Bietet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten, häufig schlechteren Bedingungen an, handelt es sich grundsätzlich um ein Angebot einer Änderungskündigung. Dieses Angebot kann der Arbeitnehmer ablehnen und somit die Kündigung des Arbeitgebers ohne Annahme des Änderungsangebots hinnehmen. Durch die Ablehnung einer Änderungskündigung entsteht hingegen keine Sperrzeit des Arbeitnehmers, da dieser durch die Kündigungsablehnung durch den Arbeitnehmer die Arbeitsaufgabe nicht aktiv hervorgebracht hat.
Es kann auch andere Gründe für das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Arbeitsaufgabe geben:
Auch die Aufgabe der Arbeit um zu seinem Ehe- oder eingetragenen Lebenspartner in einer andere Stadt zu ziehen, kann einen ausreichend wichtigen Grund darstellen, der die Verhängung einer Sperrfrist verhindert. Kündigt der Arbeitnehmer beispielsweise, weil dieser zu seinem Ehepartner ziehen möchte, tritt durch die Kündigung keine Sperrzeit ein. Dasselbe gilt für Arbeitnehmer, die in eine andere Stadt ziehen, um sich alsbald danach zu verheiraten oder auch eine nichteheliche Gemeinschaft fortzuführen (sobald diese bei Aufgabe des Arbeitsverhältnisses schon bestand).
Die Arbeitsaufgabe ist mitunter auch gerechtfertigt, wenn der Umzug zum Lebenspartner oder Ehepartner mit der Absicht geschieht, eine gemeinsame Kinderbetreuung zu erzielen (BSG, Urteil vom 17.10.2007, B 11a/7a AL 52/06 R).
Welche Besonderheiten bestehen für die Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung?
Eine Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung besteht nach § 159 Abs. 1 Satz 2 SGB III, sobald der arbeitssuchende Arbeitnehmer trotz Belehrung eine von der Agentur für Arbeit angebotene Beschäftigung ablehnt oder durch sein Verhalten die Begründung eines zukünftigen Arbeitsverhältnisses verhindert. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn der Arbeitssuchende betrunken bei einem Vorstellungstermin erscheint und somit durch sein Verhalten quasi eine Nichtanstellung erzwingt.
Welche Besonderheiten bestehen für die Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung?
Nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III tritt die Sperrzeit auch ein, sobald der Arbeitnehmer seine Meldepflicht nach § 38 SGB III nicht erfüllt hat. Die Meldepflicht besagt, dass sich der Arbeitnehmer im Regelfall drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend melden muss. Erfährt der Arbeitnehmer erst später als drei Monate vor Beendigung von seiner zukünftigen Arbeitslosenstellung, muss sich dieser spätestens drei Tage nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes arbeitssuchend melden. Diese Meldepflicht besteht unabhängig von der Wirksamkeit der Kündigung. Als Rechtsfolge einer verspäteten Arbeitsuchendmeldung wird der Arbeitslosengeldanspruch pro Tag der Verspätung gemindert. Den Arbeitnehmer trifft daneben nach § 159 Abs. 6 SGB III auch noch eine Sperrzeit von einer Woche.